Uslar (red). Eine durchweg sportliche Bilanz über die anstehenden Herausforderungen zog das Albert-Schweitzer-Familienwerk bei seiner Mitgliederversammlung. Unter den Stichpunkten „Abbruch, Umbruch, Aufbruch“ begibt sich das Albert-Schweitzer-Familienwerk in eine neue Ära. Geschäftsführer Martin Kupper gab dem Kuratorium und den Mitgliedern eine Übersicht über Strukturwandel, Erweiterungen und Positionierungen innerhalb des Familienwerks.
Abbruch und Umbruch: Aus Risiken Chancen machen
Gleich zwei Gebäude-Abbrüche hat es mit den so genannten „Großelternhäusern“ im wahrsten Sinne des Wortes in den Albert-Schweitzer-Kinderdörfern in Uslar und Alt Garge gegeben. An beiden Standorten hatte sich die Idee überholt und die Häuser wurden aufgegeben.
Erstmalig in der Geschichte des Familienwerks trennt man sich von Einrichtungsteilen. Die Stuntschule Showtime, die U-Haftvermeidung und die Inobhutnahme als Teile des Kinderdorfs Alt Garge und im Landkreis Lüneburg verortet, waren für die Klienten wirksam, für das Albert-Schweitzer-Familienwerk wirtschaftlich jedoch nicht mehr zu halten. „Die chronischen Defizite gefährden nicht unseren Bestand, hemmen aber die Möglichkeit uns weiterzuentwickeln“, sagt Kupper und freut sich über die Kreativität der Einrichtung, die aus der Krise kurzerhand eine innovative Chance machte: Die neu initiierte Rückführungsgruppe wird Jugendlichen die Möglichkeit bieten, intensiv und intentional an einer Rückkehr in die Herkunftsfamilie zu arbeiten. Jedem Mitarbeiter der vor der Schließung stehenden Angebote kann somit ein Ersatzjob im Familienwerksgefüge angeboten werden.
Da im Bereich der Kinderdörfer trotz der Initiierung zweier neuer Kinderdorffamilien schon längst nicht mehr jede Anfrage bedient werden kann, öffnen sich die Angebote in diesem Bereich. Neben dem weiterhin auf Familienstrukturen ausgerichteten Schwerpunkt der Kinder- und Jugendarbeit wird es zudem in der Jugendhilfe sogenannte Schichtdienstangebote geben. Auf diese Weise können wieder mehr Kinder und Jugendliche in Not ein helfendes Zuhause finden und die Kinderdörfer ihre wertvolle Arbeit beharrlicher fortsetzen. Durchaus mit einem Lächeln betont der Uslarer Kinderdorfleiter Harald Kremser diesbezüglich: „Eine Herausforderung. Und der stellen wir uns!“
Mit gutem Beispiel voran
Auch das Tarifgefüge im Albert-Schweitzer-Familienwerk befindet sich in einem Umbruch: Bis 2019 werden die Gehälter der Angestellten den Strukturen des öffentlichen Dienstes angepasst. Kombiniert mit den herausragenden Weiterbildungsmöglichkeiten und einem wertschätzenden Arbeitsumfeld, zeigt sich das Familienwerk in Sachen Personalmanagement richtungsweisend. Um den eigenen fachlichen wie qualitativen Standard auf gleichbleibend hohem Niveau zu halten, ist das Familienwerk weiterhin auf der Suche nach engagierten und motivierten Fachkräften. Dazu sollen schon in Kürze neue Wege der Personalgewinnung erschlossen werden.
Aufbruch: Investition in eine starke Zukunft
Mit einem stolzen Investitionsplan von 10 Millionen Euro für zwei Jahre geht es nach erfolgreich abgeschlossenen Baumaßnahmen in Uslar und Hermannsburg auch im kommenden Geschäftsjahr zielgerichtet weiter. Der Bau der Tagesklinik Holzminden und ein Erweiterungsbau für die Altenhilfe Bleckede sind große Projekte, die primär vorangetrieben werden.
Im Aufbruch sind auch manche interne Strukturen. In den Albert-Schweitzer-Kinderdörfern beispielsweise werden den Kindern und Jugendlichen seit längerer Zeit schon Beteiligungsmöglichkeiten geboten und so finden auch im kommenden Geschäftsjahr Angebote wie das „Kinderparlament“ eine große Unterstützung. In der Albert-Schweitzer-Behindertenhilfe Hermannsburg zeigt sich Mitsprache durch ein besonderes Engagement: Der Heimbeirat besteht dort ausschließlich aus Bewohnern. Und auch die Tagesstätte TaNo in Northeim – Einrichtungsteil der Albert-Schweitzer-Wegbegleiter – legt Wert auf gemeinsame Bestimmung: In einem monatlichen, verpflichtenden Gespräch zwischen Mitarbeitern und Klienten findet in zielführender Atmosphäre ein direkter Austausch statt.
Deutliche Statements und Teilerfolge
Geschäftsführer Martin Kupper und die Gremien haben ihre politischen Kontakte genutzt, um die eigenen Mitarbeiter zu stärken. Seit 14 Jahren warteten die gesetzlichen Betreuer der Betreuungsvereine nun schon auf eine Fallentgelterhöhung. Dank unterschiedlicher politischer Bemühungen auch seitens des Familienwerks, hat der Deutsche Bundestag nun eine Erhöhung um rund 15% beschlossen. Dennoch ist diese gute Nachricht noch nur ein kleiner Teilerfolg, denn der Bundesrat blockiert diese Regelung. Der Einsatz des Familienwerks und seiner Mitarbeiter jedoch wird nicht weniger: Viele Fachkräfte befinden sich stetig in Gesprächen mit Mitgliedern des Bundestags diesbezüglich.
Abbruch, Umbruch, Aufbruch: Zielführend in die Zukunft
Mit der Prämisse die eigenen Stärken zu stärken, setzt sich das Albert-Schweitzer-Familienwerk also auch für das kommende Betriebsjahr das Ziel, mit Voraussicht, besonnenem Handeln und kluger Planung Erfolge zu erzielen.
Einstimmig genehmigten die Mitglieder und auch das Kuratorium den Haushalt für 2018, der erstmalig 40 Millionen Euro Umsatz erreichen wird. Einigkeit herrschte auch bei den Wahlen. Karl-Heinz Driehorst (Uslar) wurde geschlossen als Mitglied und stellvertretender Vorsitzender des Kuratoriums wieder gewählt.
Foto:
Albert-Schweitzer-Familienwerk e.V.