Northeim/Willershausen (lpd). Wissenschaftlern ist erstmalig eine Entdeckung an einem Mäusefossil gelungen, das aus der Tongrube Willershausen stammt: Die Forscher haben herausgefunden, dass die längst ausgestorbene Maus an manchen Stellen ein rötliches Fell gehabt haben muss.
Der lateinische Name der Maus ist Apodemus atavus. Sie ist der Urtypus der heutigen Feldmaus und hat offenbar vor etwa drei Millionen Jahren in der Nähe des Willershäuser Sees gelebt, aus dem die Tongrube Willershausen entstanden ist. An ihr haben die Forscher erstmals chemische Spuren von roten Pigmenten gefunden.
Dass sich diese Spuren an einem Fossil aus der Tongrube nachweisen ließen, ist kein Zufall: Die Fossilien aus Willershausen sind außerordentlich gut erhalten. Das liegt an dem Sediment, indem sie eingebettet sind, weiß Prof. Dr. Joachim Reitner, Leiter der Abteilung Geobiologie und Direktor des Geowissenschaftlichen Museums der Universität Göttingen. „Die Fossilien sind unter anaeroben Bedingungen entstanden, das heißt, es gibt sehr wenig Sauerstoff - also auch wenig Oxidation. Unter solchen Bedingungen bleiben viele organische Verbindungen erhalten.“ Dazu zählen Melanine, komplexe organische Moleküle, die den Farbstoff in der Haut oder den Haaren des Körpers bilden. Auf der einen Seite ist das das Eumelanin, ein dunkles Pigment, das bereits zuvor nachgewiesen und erforscht wurde. Die Forschungen an der Maus aus Willershausen haben aber erstmals das Phäomelanin in einem alten Fossil nachgewiesen – dieses Pigment ist typisch für rote Farbe. „Melanine verkoppeln sich mit bestimmten Elementen, in diesem Fall mit Zink. Da die Verbindung mit Zink und bestimmten Schwefelverbindungen bei der Maus nachgewiesen werden konnte, weiß man, dass das Tier an manchen Stellen ein rötliches Fell hatte.“ Um die chemischen Elemente dieser Rotfärbung zu identifizieren und sichtbar zu machen, wurde die Maus unter anderem mit Röntgenstrahlen durchleuchtet (siehe Foto unten). Die Ergebnisse der Studie internationaler Wissenschaftler unter anderem aus Großbritannien, den USA und Japan wurden kürzlich in Nature Communications, einer frei zugänglichen wissenschaftlichen Fachzeitschrift, veröffentlicht.
Das Mäusefossil ist Teil der Sammlung des Geowissenschaftlichen Museums der Georg- August-Universität Göttingen und kann dort besichtigt werden. Allein 50.000 bis 60.000 Objekte aus der Tongrube Willershausen befinden sich dort. Neben versteinerten Mäusen gibt es Fossilien von Fischen, Riesensalamandern und jeder Menge Pflanzen zu sehen. In der Regel ist das Museum montags bis freitags von 9 bis 17 Uhr, sonntags von 10 bis 16 Uhr geöffnet.
Die Tongrube Willershausen ist Eigentum des Landkreises Northeim und wird vom Heimatverein Willershausen betreut. Um das Naturdenkmal zu pflegen, zu erhalten und weiterzuentwickeln, ist die Tongrube auf der Suche nach ehrenamtlichen Mitarbeitern – unter anderem als Gästeführer, für Veranstaltungsorganisation, aber auch für handwerkliche und gärtnerische Hilfe. Führungen durch die Tongrube sind nach Vereinbarung das gesamte Jahr über möglich. Am Sonntag, 27. Oktober, findet die letzte öffentliche Sonntagsführung in diesem Jahr statt. Start ist um 10 Uhr am Fossilien-Zimmer. Kontakt: Telefon: 05553/4963, E-Mail:
Link zur Tongrube: www.willershausen-harz.de
Link zur Studie: https://www.nature.com/articles/s41467-019-10087-2
Link zum Geowissenschaftlichen Museum: http://www.geomuseum.uni-goettingen.de/museum.shtml
Foto: SLAC National Accelerator Laboratory/Nature Communications