Bishausen (r). Die Wallfahrtsstätte „Maria in der Ferne“ bei Bishausen war am Sonntag das Ziel von zahlreichen Katholiken aus dem ganzen Dekanat Nörten-Osterode. Sie waren zu Fuß, mit Fahrrädern oder dem Auto gekommen, um das 70-jährigen Bestehen der Andachtsstätte am Waldrand des Bevertals zu feiern. Dechant Andreas Pape (Northeim) zelebrierte bei strahlend blauem Himmel im Freien vor der Mariensäule, die Flüchtlinge und Vertriebene hier im Gedenken an ihre Kirchen und Pilgerstätten im Osten Deutschlands 1949 errichteten, den Festgottesdienst. Mit Blick auf das Bildnis von Maria, die das Jesuskind in den Armen hält, das vor 70 Jahren von dem Northeimer Bildhauer Fricke geschaffen wurde, ging er in seiner Predigt auf die Geborgenheit und den Trost ein, den Kinder in den Armen der Mutter fänden und übertrug dieses instinktive Bedürfnis auf schwer erträgliche Lebenssituationen: „Bei Maria finden wir offene Arme. Bei ihr spüre ich dieses Gefühl der Geborgenheit, das mir weiterhilft, meine Situation vor Gott zu klären und in Krisen des Daseins Lösungen zu suchen und zu finden.“

Dechant Pape motivierte nach der Messfeier die Anwesenden dazu, eigene Erlebnisse mit „Maria in der Ferne“ zu berichten. Tatsächlich erinnerte sich eine ältere Teilnehmerin aus Nörten noch an die ersten Jahre der Wallfahrtsstätte, als Heimatvertriebene mit dem aus Friedland/Oberschlesien stammenden Pfarrer Friedrich Loch mit hohem persönlichen Einsatz, selbst noch gezeichnet von Not und Hunger, einen Waldstreifen rodeten und die Mariensäule errichteten. Auch auf ein besonderes Geschenk Papst Pius XII. an die Wallfahrtsstätte, einen Kelch für die Messfeier, wurde hingewiesen. 

Während des anschließenden gemütlichen Beisammenseins bei Kaffee und Kuchen tauschte man angeregt alte und neue Erlebnisse aus. Und so erzählte ein Bishäuser, wie er als Dreijähriger bei der ersten Wallfahrt auf dem Arm seines Vaters eingeschlafen war und ihn die Pilgerstätte sein ganzes Leben lang begleitet habe. Mit einer Marienandacht schloss Diakon Josef Hauke (Northeim) die Wallfahrt und ging zuvor auf die Namensgebung des Ortes ein. „Maria in der Ferne“ sei nicht nur für die Menschen der Nachkriegszeit von Bedeutung gewesen, sondern sei es auch für alle Christen von heute und in Zukunft, da der Mensch im Exil, fern von seiner himmlischen Heimat lebe, in die er zurückkehren werde. Die Muttergottes sei dabei symbolisch der Anwalt des gläubigen Menschen, an die sie sich wenden und zum Vorbild nehmen könnten.

Hintergrundinformation

1946, nur wenige Monate nach Ende des 2. Weltkrieges, sammelte der damals sehr bekannte Jesuitenpater Johannes Leppich katholische Flüchtlinge um sich, um gemeinsam mit ihnen eine neue Wallfahrtsstätte zu schaffen. Sie sollte anstelle der verloren gegangenen Pilgerorte in Schlesien, Ostpreußen, dem Sudetenland und Pommern den Menschen eine religiöse Heimat geben. Carl Graf von Hardenberg stellte unterhalb der Burg in Nörten für die ersten Wallfahrten einen Platz zur Verfügung. Von Nörten-Hardenberg aus unterstützte der aus Friedland/Oberschlesien geflüchtete Pfarrer Friedrich Loch sowie Katholiken aus Südniedersachsen und Nordhessen den Bau der Wallfahrtsstätte am Waldrand des nahegelegenen Bishausen, wo 1949 die Einweihung eines Gnadenbildes erfolgte. Später wurde ein Altarraum und ein Kreuzweg mit Steinbild-Reliefs geschaffen. Heute ist der Ort auch im ökumenischen Sinn ein Anziehungspunkt für die Bevölkerung der umliegenden Gemeinden.

Foto: Dekanat Nörten-Osterode