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Mittwoch, 27. November 2024 Mediadaten
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Sie haben Wissen u00fcber Depressionen vermittelt: Dr. Martin Lison, Chefarzt der Paracelsus-Roswitha-Klinik Bad Gandersheim (Mitte), Sarah Ohst, Programmbereichsleiterin Gesundheit bei der KVHS Northeim (links) und Sebastian Stocker, Diplom-Kunsttherapeut und Ergotherapeut in der Roswitha-Klinik in Bad Gandersheim

Einbeck/Northeim (red). Vor Beginn mussten im Kulturkeller der Kreisvolkshochschule Northeim (KVHS) noch zusätzliche Stühle bereitgestellt werden. Der Raum war mit über 70 Zuhörenden bis auf den letzten Platz gefüllt. Die Vortragsveranstaltung stand unter dem Titel „Depression - verborgene Epidemie?“. Zu Gast war Dr. Martin Lison, Psychiater, Psychotherapeut und Chefarzt der Paracelsus-Roswitha-Klinik Bad Gandersheim.

„Die Patientinnen und Patienten sind im Prinzip okay – sie brauchen nur Hilfe:“ Mit diesem Zitat der US-amerikanischen Psychologin Marsha M. Linehan schloss der Bad Gandersheimer Chefarzt dann später seinen Vortrag. Das sei eine wichtige Botschaft: „Wir sind alle Menschen.“ Ziel seines Auftritts bei der KVHS war es auch, das Thema Depressionen „aus der Schmuddelecke“ heraus zu holen und Hoffnung zu machen. Das Motto „Depression - verborgene Epidemie?“ sei als kleine Provokation gedacht, sagte Dr. Martin Lison. Denn: Eine Epidemie ist schließlich der plötzliche Ausbruch einer ansteckenden Krankheit, aber Depressionen?

Woran erkannt man eine Depression?

Depressive Menschen seien meistens besonders sensitiv, unsicher, haben das Gefühl zurückgewiesen zu werden, seien leicht gekränkt und verletzt, ihr Selbstwertgefühl sei stark angegriffen. Häufig haben Erkrankte auch körperliche Symptome (Krankheitszeichen) wie zum Beispiel Schwindel. Kernsymptome seien eine depressive Stimmung, der Verlust von Interessen und Freude und ein gestörter Antrieb. Depressive haben Schlafstörungen, wachen meistens viel früher auf, haben Angst, den Tag anzugehen, möchten sich am liebsten die Decke über den Kopf ziehen. Sie haben ein Gefühl von Schuld und Wertlosigkeit, sehen die Zukunft negativ und pessimistisch. Sehr schwer Depressive machen gar nichts mehr, liegen den ganzen Tag im Bett und müssen in eine Klinik. Manche Depressive denken darüber nach, sich selbst zu töten. Nebensymptome seien unter anderem Appetitstörungen, Konzentration und Aufmerksamkeit seien vermindert, die Sexualität sei eingeschränkt. Wenn solche Krankheitszeichen länger als zwei Wochen anhalten, liege eine depressive Episode vor. Im Durchschnitt dauern depressive Episoden etwa vier Monate. „Viele Depressionen gehen von alleine wieder weg. Mit Behandlung dauert die Episode aber nicht so lange“, betonte Dr. Martin Lison. Die Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls liege bei Depressionen bei etwa 50 Prozent. Er wies in diesem Zusammenhang auf die Unterversorgung mit Terminen bei Psychiatern und Psychotherapeuten hin.

Der Chefarzt sagte, er wolle mit seinem Vortrag den Zuhörenden „praktisches Handwerkszeug“ mitgeben – etwa auch für Angehörige, Freunde oder Nachbarn. Falls jemand vermutet, dass ein anderer Mensch vorhaben könnte, sich selbst zu töten, der solle ruhig direkt danach fragen.

Dr. Martin Lison erläuterte verschiedene Erscheinungsbilder der Depression. So gibt es die gehemmte Depression (ausgeprägte Antriebs- und Denkhemmung), die agitierende Depression (unruhig, handelnd), die somatisierte (auf den Körper schlagende) Depression und die wahnhafte Depression (mit Schuldwahn, Verarmungswahn und hypochondrischem Wahn). In einem ersten Schritt gelte es für die behandelnden Ärzte und Psychiater diagnostisch festzustellen, was ist, ohne zu bewerten. Hier gehe es nicht um erklärende Muster, sondern um die Beschreibung der Symptomatik. Schuldzuweisungen gebe es dann nicht. Wichtig sei in der Therapie die Bewältigung der Erkrankung.

Im Hinblick auf auslösende Faktoren für Depressionen nannte der Chefarzt die Stichworte „Bio“, „Psycho“ und „Sozial“. Für „Bio“ ständen unter anderem erbliche Vorbelastungen oder das Alter. Je älter ein Mensch ist, desto höher ist das Risiko, eine Depression zu bekommen. Unter „Psycho“ fallen seelische Belastungen, Scheitern, belastende Umstände wie Hochzeit, Trennungen, Umzüge, Berufsabschlüsse, Eintritt in den Ruhestand. Beim Stichwort „Sozial“ geht es um den sozialen Status, Armut, Bildung, finanzielle Sorgen, schlechte Arbeitsverhältnisse, Mobbing. Das ausgeschlossen sein aus einer sozialen Gruppe, der man gerne angehören würde, ist ein Risikofaktor, erläuterte der Psychiater. Und: „Fast keine Depression hat nur einen Grund.“

„Angst und Depression sind Geschwister“, sagte Dr. Martin Lison. Fast jeder Depressive zeige auch Symptome von Angststörungen. Es gebe die phobische Störung (dauerhafte, unrealistische, intensive Furcht vor spezifischen Situationen, Umständen oder Objekten, wie zum Beispiel Mäusen oder Spinnen), die Panikstörung (plötzliche Angstanfälle, ohne dass objektiv gesehen eine wirkliche Gefahr besteht) und die generalisierte Angststörung (ständiges Gefühl von Besorgtheit und Anspannung in Bezug auf alltägliche Ereignisse und Probleme).

Das dritte „Geschwisterkind“ sei laut Dr. Martin Lison die Zwangsstörung (innerer Zwang oder Drang, bestimmte Dinge zu denken oder zu tun). Der Chefarzt wies in diesem Zusammenhang auch auf Suchterkrankungen sowie den Missbrauch von illegalen Drogen und Alkohol hin. Oft befänden sich Erkrankte Menschen in einem Teufelskreis. Die Suchterkrankung müsse immer zuerst behandelt werden.

Depressionen seien meistens gut behandelbar. Zentrale Behandlungssäulen bei Depressionen sind laut Dr. Martin Lison die medikamentöse Behandlung mit Antidepressiva und die Psychotherapie. Bei der Psychotherapie sei die Wirksamkeit für die kognitive Verhaltenstherapie am besten belegt. Weitere Behandlungsmethoden sind die Lichttherapie, die Wachtherapie, die Elektrokrampftherapie (bei schweren Depressionen, die auf andere Methoden nicht ansprechen), körperliches Training und die Repetitive Transkranielle Magnetstimulation (rTMS).

Sport ist eine durch Studien belegte Behandlungsmöglichkeit. Der Chefarzt empfahl ein Ausdauertraining zwei bis drei Mal pro Woche mit einer Dauer von einer Stunde ohne Pausen. Und das über mehrere Monate. Dann sei Sport wirksam. Weil das aber länger als ein gewöhnlicher Klinikaufenthalt sei, sollen sich Betroffene im Alltag dann am besten einer Gruppe anschließen.

„Antidepressiva machen nicht abhängig. Ihre Einnahme verursacht keine Veränderung der Persönlichkeit. Antidepressiva sind sehr oft hilfreich“, betonte der Psychiater. Die Chance, dass das erste angewendete Medikament hilft, liege bei etwa 50 Prozent. Bei einer leichten Depression sei die Psychotherapie das erste Mittel der Wahl.

Sebastian Stocker, Diplom-Kunsttherapeut und Ergotherapeut in der Roswitha-Klinik in Bad Gandersheim, lockerte den Vortragsabend in der KVHS zwischendurch mit einer kleinen Übung zum Thema „Achtsamkeit“ auf. Zur Vermeidung von Stress sei es wichtig, jeweils im „Hier und Jetzt“ zu sein. So genanntes Bedingungsdenken („Wenn ich das tue, muss ich auch das tun“) und negatives Denken sollten bei Seite gelassen werden. Gefragt sei der „Sein-Modus“, in dem man nichts zu bewerten brauche, sondern akzeptiere, wie es sei. Alle Anwesenden waren dann aufgefordert, eine Atemübung zur Entspannung zu machen, ohne bewertende Gedanken zu haben.

„Wir freuen uns über die große Resonanz“, sagte Sarah Ohst, Leiterin des Programmbereichs Gesundheit an der KVHS Northeim. „Offenbar haben wir ein Thema gewählt, das die Menschen interessiert und bewegt. Uns ist sehr daran gelegen, dem Themenkomplex ‚psychische Erkrankungen‘ zu mehr Sichtbarkeit in unserer Gesellschaft zu verhelfen. Wir sind schon sehr auf die beiden weiteren Vorträge gespannt, und hoffen auf ein ebenso großes Interesse.“ Die Veranstaltung war nämlich Teil einer Veranstaltungsreihe der KVHS in Zusammenarbeit mit der Gesundheitsregion Göttingen/Südniedersachsen. Am Montag, 25. Februar, steht die zweite Veranstaltung auf dem Programm. Das Thema: „Depression ist behandelbar“. Am Montag, 11. März, geht es um „Depression in der Arbeitswelt“. Auch bei diesen Vortragsveranstaltungen wird Dr. Martin Lison zu Gast sein. Sie finden ebenfalls jeweils von 19 bis 21.15 Uhr in der Wallstraße 40 bei freiem Eintritt statt. Auf der Homepage der KVHS unter www.kvhs-northeim.de gibt es ein Video-Interview mit Dr. Martin Lison.

Foto: Senger

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