Northeim (lpd). Fluchthintergründe verstehen und Perspektiven für ein Miteinander entwickeln, das sind Ziele einer Vortragsreihe, die zurzeit im Landkreis Northeim angeboten wird. Initiatoren sind die Koordinierungsstelle Migration und Teilhabe des Landkreises und die Kreisvolkshochschule Northeim. Gefördert werden die Vorträge durch „Demokratie leben!“ – Lokaler Aktionsplan im Landkreis Northeim.
Die Koordinierungsstelle und die Kreisvolkshochschule haben jetzt eine Zwischenbilanz gezogen. Und laden zu weiteren Vorträgen noch einmal ein.
Die ersten beiden Abende mit den Titeln „Fluchtbewegung weltweit“ und „Interkulturelle Irritationen“ boten einen umfassenden Einstieg in Theorie und Praxis. Der Migrationsforscher Prof. Dr. Jochen Oltmer (Uni Osnabrück) beschäftigte sich im ersten Vortrag mit der Flucht als schon immer existierendem Phänomen. Dabei ging er auf die verschiedenen Deutungsmöglichkeiten der einzelnen Gesellschaften hinsichtlich Fluchtbewegungen allgemein ein. Auch Fragen nach globalen Migrationsbewegungen, Herkunfts- und Zielländern von Geflüchteten, sowie aktuellen Zahlen weltweit und für Deutschland, wurden beantwortet. Durch den zweiten Abend führten zwei interkulturelle Trainerinnen des EU-geförderten Projekts KomServ der Deutschen Angestellten-Akademie. Sie berichteten über Herausforderungen bei Begegnungen zwischen Menschen verschiedener Kulturen. Gleichzeitig hatten die Anwesenden die Möglichkeit, ausgiebig eigene Erfahrungen zu reflektieren und gemeinsam Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln.
In einem Vortrag von Canan Bayram (Akademie der Weltreligionen, Uni Hamburg) ging es um den Islam in seiner ganzen Vielfalt. Dabei erhielten die Zuhörenden unter anderem einen umfassenden Überblick über Glaubensinhalte, verschiedene Strömungen des Islam und seine praktische Anwendung im täglichen Leben. Müfit Pürtelas berichtete aus seinen persönlichen Erfahrungen als Muslim im Landkreis Northeim. Er berichtete außerdem von den verschiedenen muslimischen Gemeinden hier vor Ort, wie diese sich in unsere Gesellschaft einbringen und welchen Herausforderungen sie sich dabei stellen müssen.
Am besten besucht war bisher der Vortrag von Friederike Stahlmann (Max-Planck-Institut) zum Thema Afghanistan. Die Referentin arbeitet auch als landeskundliche Expertin in Asylverfahren und verfasste kürzlich ein umfangreiches gerichtliches Gutachten zur Sicherheitslage im Land. Anhand eines Beispielsfalls eines jungen Mannes erklärte sie Fluchtgründe, Herausforderungen in Deutschland und Gefahren bei einer möglichen Rückkehr in sein Heimatland. Der Abend wurde unter anderem durch die Teilnahme mehrerer afghanischer Geflüchteter und vielen ehrenamtlich Helfenden bereichert, die aus eigenen Erfahrungen berichten konnten, so dass ein reger Austausch stattfand.
Nach Angaben der Koordinierungsstelle Migration und Teilhabe nahmen bis zu 25 Menschen an den Vorträgen teil. Sie beteiligten sich rege durch Nachfragen oder an anschließenden Diskussionen. Während an den ersten beiden Abenden noch Hintergrundwissen und „Handwerkzeug“ im Vordergrund standen, rückten ab dem dritten Abend das Miteinander und der Wille zur gesellschaftlichen und gegebenenfalls politischen Teilhabe in den Mittelpunkt. „Wo begegnen wir einander?“, „Wie können wir uns gemeinsam engagieren und wofür?“, „Wie finden wir eine gute Grundlage für einen Demokratiedialog?“ und „Wo wollen wir als Gesellschaft eigentlich hin und warum?“ sind Fragen, die auch die Diskussionen an den nächsten Abenden prägen werden.
Reihe wird mit drei weiteren Vorträgen fortgesetzt
Die Vortragsreihe wird am 12. Juni um 19 Uhr in den Räumen der Kreisvolkshochschule in Bad Gandersheim, Breslauer Straße1, mit dem Thema „Herkunftsland Irak“ fortgesetzt. Vortragender wird Dr. Achim Rohde (Centrum für Nah- und Mittelost-Studien, Uni Marburg) sein. Weitere Abende widmen sich den Themen „Das Yezidentum“ (Iljas Yanc, Yezidisches Forum Oldenburg) am 18. Juli um 19 Uhr im Katholischen Pfarrheim, Tannenbergstaße 1, in Moringen und „Herkunftsland Eritrea“ (Dr. Aklilu Ghirmai, Eritreische Katholische Gemeinde Frankfurt/Main) am 23. August um 19 Uhr in den Räumen der Kreisvolkshochschule, Gerhart-Hauptmann-Straße 10 in Uslar). Dazu sind alle Interessierten eingeladen. Aufgrund der positiven Resonanz finden bereits Planungen zur Fortsetzung der Reihe im zweiten Halbjahr 2018 statt.