Northeim/Einbeck (r). Caroline Hamka von der Öffentlichkeitsarbeit des Schiedsrichterausschusses Northeim-Einbeck schickte diesen Artikel an die Northeim-News und möchte auf die Schiedsrichterproblematik hinweisen.
"Die Zahl der Schiedsrichter im Kreis Northeim-Einbeck nimmt seit Jahren stetig ab. Dies liegt zum einen daran, dass es immer weniger Anwärter gibt, so waren es im Jahr 2010 noch 22 Anwärter, 2018 aber nur noch 11. Der Höhepunkt war aber im März erreicht, als der Anwärterlehrgang ausfallen musste, da es lediglich eine Anmeldung gab. Zudem hören immer mehr Schiedsrichter bereits nach kurzer Zeit auf. Es stellt sich nun die Frage woran liegt das.
Zunächst einmal ging die Entwicklung in den vergangenen Jahren immer mehr dahin, dass Schiedsrichter auf dem Fussballplatz wie „Freiwild“ behandelt werden. Besonders extrem fällt dieses im Jugendbereich auf. Dort beleidigen sich die Eltern am Spielfeldrand inzwischen gegenseitig und sobald der Schiedsrichter eine Entscheidung trifft, die ihnen nicht passt oder ihr Kind betrifft, wird dieser sofort ebenfalls angemeckert und beschimpft. Dies überträgt sich dann natürlich auch auf die Spieler, die gerade im Jugendbereich einfach nur Fussball spielen wollen. Aber was soll ein 14 jähriger schon machen, wenn die Eltern als vermeintliche Vorbilder ihm 70 Minuten lag zubrüllen, wie schlecht der Schiedsrichter ist und dass er überhaupt keine Ahnung hat. Dass sie selbst meist kaum bis gar keine Regelkenntnis besitzen, sehen dabei die Wenigsten.
Nachdem Spiel wird dieses dann in den Medien fortgesetzt. Dort werden die Schiedsrichter nahezu grundsätzlich kritisiert und als Hauptgrund für verlorene Spiele ausgemacht. Verstärkt wird dieser Effekt insbesondere durch die sozialen Medien, ein Ort an dem jeder, teilweise anonym den Schiedsrichter an den Pranger stellen kann oder gar durch persönliche Nachrichten direkt angreifen kann. Oftmals wird vergessen, dass auch ein Schiedsrichter nur ein Mensch ist, der eventuell einfach mal einen schlechten Tag hatte. Dieser wird ihm aber nicht zugestanden. Der Schiedsrichter hat immer zu funktionieren und darf keine Fehler machen. Dabei spricht aber keiner von dem Stürmer, der vielleicht zehn Mal im Spiel vor dem leeren Tor stand und nicht getroffen hat. Dies wird wenn überhaupt thematisiert, lapidar beschönigt. Ein Schuldiger ist schließlich meist vor dem Spiel schon gefunden. Es kann ja schließlich auch nicht sein, das der Schiedsrichter, der alleine in der Kreisliga auf dem Platz steht, ein vermeintliches Abseitstor anerkannt hat, weil er es nicht besser sehen konnte. Wie bei Foulspielen auch, spielt hier die Perspektive und der Blickwinkel eine große Rolle. Wie leicht könnte man dieses Problem lösen, wenn wir doch nur genug Unparteiische hätten und somit auch die untersten Klassen mit Assistenten besetzen könnten.
Noch bevor diese Argumente gegen einen Beginn der Schiedsrichtertätigkeit sprechen können, beginnen die Probleme in den eigenen Vereinen. Nachdem der KSO die Informationen zum Anwärterlehrgang losschickt, kommen häufig postwendend Fehlmeldungen einiger Vereine zurück, die es nicht annähernd für nötig erachten, bei der Schiedsrichtergewinnung mitzuwirken. Die Informationen werden nicht weitergegeben, geschweige denn Personen aktiv angesprochen.
Viele Unparteiische beschweren sich zudem über die mangelnde Wertschätzung Ihrer Person und ihres Amtes. Auf dem Platz wird diese von vielen gar nicht mehr erwartet. Allerdings sind sie auch in ihren eigenen Vereinen oft auf einsamem Posten, ohne Bindung an das Vereinsleben, sofern sie nicht noch anderweitige Aktivitäten ausüben.
Der Kreisschiedsrichterobmann Werner Dingenthal und der Kreisschiedsrichterlehrwart Robert Lorenz blicken mit großer Besorgnis auf diese Entwicklungen.
So berichtet der KSO, dass es bereits Spiele gegeben hat, bei welchen, aufgrund von Engpässen, kein neutraler Schiedsrichter angesetzt werden konnte. Diese Zahl konnte bis jetzt nur so gering gehalten werden, da einige Schiedsrichter bereit sind, zwei Spiele pro Tag zu pfeifen. Sollte sich der Trend aber fortsetzen, so wird die Konsequenz sein, dass es bei einigen Spielen keine Schiedsrichteransetzung geben wird. Dabei wird unabhängig von der Spielklasse bei den Vereinen kein Spielleiter angesetzt, die selbst keine Schiedsrichter stellen. Dadurch soll eine Benachteiligung derer, die sich um die Aquirierung von Unparteiischen kümmern, vermieden werden.
Dingenthal verweist zudem noch darauf, dass permanent neue Schiedsrichter ausgebildet werden müssen, da einige auf aufgrund von Veränderungen in ihrem Umfeld insbesondere Beruf und Studium aufhören oder wegen eines Wohnortwechsels nicht mehr zur Verfügung stehen. Leider scheuen sich aber immer noch viele davor, Verantwortung zu übernehmen oder sich in eine Gemeinschaft einzubringen. Sie lehnen es schlichtweg ab ein Ehrenamt zu übernehmen.
Auf die Frage, ob die Strafen für Angriffe auf Unparteiische angehoben werden müssen, hat er eine klare Antwort. Sein Wunsch ist, dass die Strafen für Beleidigungen bei ca. 200€ beginnen. Bei körperlichen Attacken, sollte eine Platzsperre nicht unter einem Jahr verhängt werden. Eine Erhöhung der Strafen für fehlende Schiedsrichter im Verein sieht der KSO hingegen kritisch. Es könnte dann zu Abwerbungsversuchen durch große finanzstarke Vereine kommen, sodass die kleinen Vereine zwar Schiedsrichter ausbilden würden, selbst aber nichts davon hätten.
Der KSL wünscht sich für den nächsten Anwärterlehrgang, der im August stattfindet, zahlreiche Anmeldungen. Dabei ist grundsätzlich jeder geeignet, der mindestens 14 Jahre alt ist, wobei wir auch erfahrene ehemalige Fussballspieler suchen, die sich häufig durch ihr enormes Spielverständnis und zahlreiche Erfahrungen auszeichnen. Nicht nur, aufgrund der stetig sinkenden Anzahl an Schiedsrichtern, sondern auch aufgrund der Altersstruktur im Schiedsrichterwesen ist es zwingend notwendig, dass auch die Vereine sich an der Gewinnung neuer Schiedsrichter beteiligen und nicht nur den einfachen Weg einer Fehlmeldung wählen.
Schade ist es auch, dass dabei das Angebot des Schiedsrichterausschusses, Infoabende in den Vereinen abzuhalten, gar nicht genutzt wird.
Führt man sich vor Augen, dass Helmut Söhnholz mit 77 Jahren in der abgelaufenen Spielzeit 86 Spiele und damit die meisten aller Schiedsrichter geleitet hat, kann man sich vorstellen, wie es um das Schiedsrichterwesen in den nächsten Jahren bestellt sein wird. Lorenz berichtet weiterhin, von dem attraktiven Angebot innerhalb der Schiedsrichtervereinigung. So wurde ein Stammtisch, zum Austausch der Referees untereinander, ins Leben gerufen. Weiterhin gibt es viele Veranstaltungen um die Gemeinschaft zu fördern und zu stärken. Die Jungschiedsrichter haben zudem ihre gesonderte Lehrveranstaltung und beim wöchentlichen Schiedsrichtertraining werden nicht nur die Erfahrungen der letzten Spielleitungen ausgetauscht sondern auch gemeinsam an der Fitness gearbeitet. Zudem findet eine gezielte Förderung des Einzelnen statt, wodurch die Aufstiegschancen im Schiedsrichterwesen deutlich höher sind als in der allgemeinen Fussballwelt.
Abschließend bleibt nur zu sagen: Jeder aktive Sportler möchte am Wochenende Fussball spielen. Ohne Schiedsrichter geht es aber nicht, daher sollten alle in Zukunft wieder einen respektvolleren Umgang miteinander pflegen!"
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