Northeim (red). Neugierig und konzentriert arbeiteten Schüler eines Geschichtskurses des Beruflichen Gymnasiums Wirtschaft kürzlich im Stadtarchiv Northeim. Mit Smartphone, IPads und Tabletts rückten sie den jahrzehnte- und jahrhundertealten Dokumenten zu Leibe, die teilweise in alter Sütterlin- und noch älterer Kurrentschrift per Hand verfasst wurden. Als Primäre im Stadtarchiv wollten die Gymnasiasten die für viele nur schwer lesbare Schrift mit einer neuen Sütterlin-Transkriptionssoftware scannen und übersetzen. Mit Spannung wurden die Ergebnisse erwartet. „Die Software hat mir teilweise geholfen“, fasst Lennox Asmus seine Erfahrung zusammen, „aber bei schlecht lesbaren Texten funktionierte die Übersetzung nicht; bei gut geschriebenen hat das Programm hingegen meist verständlich übersetzt.“ Auch Judith Packeiser stellte schon bald fest, dass die App für die Entzifferung mancher Wörter und Buchstaben nützlich sein könne, jedoch nicht alles übersetzen kann und Fehler macht. Da war ein ausgedrucktes Sütterlin-Alphabet dann doch recht hilfreich und es sei schön gewesen, die Schriften auch selber ohne die Transkriptionssoftware zu entziffern, findet Muhammed Göksu.
Der Schwerpunkt der Recherchearbeit zu Konflikten und Friedenszeiten von 1900 bis zur deutschen Wiedervereinigung kam bei dem Geschichtskurs gut an. Lennox Asmus: „Am interessantesten fand ich, wie viel Geschichte in einem Raum existiert. Man hat Lust, alles zu entdecken.“ Chiara Thofern stimmt ihm zu. Sie fand den Besuch im Stadtarchiv sehr abwechslungsreich, weil alte Postkarten und handgeschriebene Dokumente entziffert werden konnten und somit verstand, welche Bedeutung sie damals und heute haben. Beispielsweise scannten die jungen Forscher das Motiv einer Postkarte einer evangelischen Kirche, die ein Northeimer Soldat 1915 im Ersten Weltkrieg an Pastor Rabe (St. Sixti) gesandt hatte. Im Internet konnten sie die Kirche als St. Johannis in Łódź identifizieren, ermitteln, dass Łódź, zuvor zu Russland gehörte (heute Polen) und wenige Monate zuvor von deutschen Truppen besetzt wurde.
Auch Emely Caro gefiel diese Abwechslung zum normalen Unterricht besonders gut: „Ich war sehr überrascht über die Größe der Sammlung, die dort gelagert wird. Alte Zeitungsartikel zu lesen, war auch ziemlich interessant. Ein bisschen schade war, dass wir zu wenig Zeit hatten.“ „Vor allem die Bücher waren spannend durchzublättern“, ergänzt Andy Zehender, und die ruhige Atmosphäre weiß Henrik Linnemann besonders zu schätzen: „Perfekt zum Arbeiten und Forschen. Außerdem würde ich gerne im Stadtarchiv die Vergangenheit meiner Familie erforschen und entdecken“. „Ich hoffe“, so Johannes Lining, „dass wir im Rahmen des Unterrichts noch einmal das Archiv besuchen können.“
Foto: BBS 1