Hollenstedt (red). 1075 Jahre jährt sich nun die Ersterwähnung des Ortes Hollenstedt in diesem Jahr. Dieses bezeugt eine Schenkungsurkunde, die im 11. Regierungsjahr Otto I. am 04. Mai 947 auf der Pfalz Werla ausgestellt wurde. Damals trug der Ort den Namen „Hullanstedi“.
Das Dorf ist jedoch weitaus älter, Funde aus der Frühzeit bezeugen dies, wie letztens im neuen Baugebiet am Sollingblick. Heinrich Böcker, im Ort oft liebevoll „Heini“ genannt, wurde bereits 1959 in einem Zeitungsartikel der Han. Presse als „bester Spürhund“ des Kreisheimatpflegers Studienrat Georg Ernst bezeichnet. Heini Böcker hatte bis dato über 700 Fundstücke um Hollenstedt herum gefunden.
Hollenstedt lag an einer Heeresstraße und wichtigen Verbindungsstraße. Ein noch bestehendes Rechnungsbuch (1740-1808) zeugt aus der Zeit von Friedrich II bis Napoleon, hier wird beschrieben, was die Menschen hier im Dorf erlebten und erleiden mussten. Näheres findet man u.a. auf der Internetseite hollenstedt.net, eine Zusammenfassung von Georg Ernst (1954).
Am 12. Juni 1801 fuhr Goethe auf dem Weg von Weimar nach Bad Pyrmont durch Hollenstedt.
Eine Ortschaft, wie jede andere? Nein, jedes Dorf hatte seine Besonderheiten. Im Leinetal des Altkreises Einbeck (bis 1974) hatten viele Orte mit dem Hochwasser zu kämpfen. Hollenstedt liegt an einem kritischen Punkt, hier treffen die drei Flüsse Bölle, Rhume, und Leine aufeinander. Diese führten bei starken Niederschlägen viel Hochwasser mit sich.
Mit der Gründung des Leineverbandes 1958 wurde gemeinsam am Hochwasserschutz gearbeitet. Es sind fast 30 Jahre vergangen bis Hollenstedt mit der Einweihung der Deichanlage im Jahr 1986, hochwasserfrei war. Im Verlauf des alten Leinegrabens wurde die Umgehungsstraße gebaut. Oberhalb des Dorfes, westlich des Sollingblicks, ist ein Stausee entstanden, sodass auch die Hochwasser durch die Bölle gebannt werden.
Die Hollenstedter Mühle an der Leine wurde erstmals 1422 erwähnt. Im 30-jährigen Krieg und im Jahre 1907 wurde die Mühle samt Wohnhaus durch ein Feuer zerstört, 1909 wieder aufgebaut. Neben Mahlerzeugnissen wie Mehl und Öl wurde ein Sägewerk betrieben und von 1899 bis 1981 Strom erzeugt. Hollenstedt versorgte zunächst die umliegende Orte-Richtung Sülbeck, mit Strom und ab 1910 auch die Stadt Northeim. Im Zuge der Hochwasserschutzmaßnahmen wurde das Wasserkraftwerk (ehem. Mühle) 1982 abgerissen. Ein letztes Zeugnis dieser Mühle zeigt noch das Wohnhaus und das Mühlendenkmal, welches 1993 im Dorfeingang aufgestellt wurde.
1959 bekam Hollenstedt sein erstes eigenes Wappen, die die drei Flüsse mit der 1910 gebauten Brücke darstellt. Der Vorschlag kam vom damals ansässigen Lehrer Kühne.
Ende 1963 wurde die Schule oberhalb des Dorfes, die ebenso 1910 gebaut wurde, geschlossen, die Kinder mussten seitdem zur Mittelpunktschule nach Drüber gehen. Damals schlossen sich einige Ortschaften, u.a. Hollenstedt, zusammen und gründeten einen Schulzweckverband. Die Schule in Hollenstedt wurde 1964 zu Wohnungen und später Ende der 90er Jahre zum Dorfgemeinschaftshaus umgebaut.
Mitten im Ort stand eine Kapelle, die gemäß einem eingemauerten Stein mit der Inschrift 1.5.9.1. wahrscheinlich auf das Jahr der Erbauung hinwies. Im Sommer 1966 wurden noch grundlegende Renovierungsarbeiten an der Kapelle durchgeführt und 1970 wurde diese wegen Baumängeln abgerissen.
1971 wurde auf dem 1922 gegründeten Friedhof eine Friedhofskapelle errichtet und 1987 ein Glockenturm gebaut. Vor 1922 wurden die Bürger Hollenstedts auf dem Friedhof in Stöckheim beerdigt.
Nach dem 2. Weltkrieg vergrößerte sich das Dorf, viele Flüchtlinge kamen und gingen, einige blieben. Man war verpflichtet, Flüchtlinge bei entsprechend verfügbarem Wohnraum aufzunehmen. Der Bedarf an Wohnraum stieg. Der Bau der Autobahn im Bereich Hollenstedt in den Jahren 1953 -1958 brachte viele Arbeitsplätze. Anfang der 60er Jahre wurde auf dem damals bezeichneten „Kuhberg“ das Baugebiet des heutigen Gartenweges erschlossen, ebenso in der damals bezeichneten Weglange (heute Victoria-Luise-Straße) wurden Häuser in der Verlängerung hinter dem Friedhof gebaut. Ab Ender der 1960er Jahre wurde die Straße Sollingblick erschlossen.
1928 wurden oberhalb des Sollingblicks das Wasserbassin und eine Wasserversorgung für das Dorf gebaut. Nachdem sich das Dorf vergrößert hatte, schloss man 1974 einen Vertrag mit dem Wasserverband Landmannsholz. 37 Jahre konnte man das weiche Wasser genießen. Im Jahr 2011 wurde Hollenstedt trotz des Widerstandes der Bürger, an das Northeimer Trinkwasserversorgungsnetz angeschlossen.
1962 wurde auf Höhe des Friedhofs am Fischgraben eine Teilkläranlage gebaut, die das Abwasser aus der Victoria-Luise-Str., Gartenweg und Sollingblick aufnahm und „reinigte“. Alle anderen Häuser und Gehöfte hatten noch ihr sogenanntes Plumpsklo oder ihre eigene Klärgrube. Im Jahr 1981 gab es den Startschuss für eine neue Kanalisation im Ort mit Anschluss an die Kläranlage in Northeim.
1965 bekam die Spar- und Dahrlehnskasse ein Kornsilo und ein Lagergebäude für Saatgut, Düngemittel und Kohlen sowie eine Tankstelle. Diese Gebäude wurden in den 90er verkauft und es entstanden daraus Wohnungen. 1970, wurde die alte Spar- u. Dahrlehnskasse abgerissen und ein neues Gebäude ist entstanden, auch dieses wurde verkauft und zu Wohnzwecken umgebaut.
Nachdem das Dorf ab Mitte der 80er eingedeicht war, der Verkehr außen herumgeführt wurde, die Bölle renaturiert und die Dorferneuerung abgeschlossen war, ist das Leben irgendwie ruhiger und vielleicht auch schöner geworden.
Bis heute ein liebenswertes Dorf mit einem aktiven Vereinsleben, wie z.B. dem Männergesangverein, der seit 1878 besteht und sich 1947 mit dem 1911 gegründeten Gesangsvereins des Handwerker- u. Arbeitervereins zusammenschloss.
Am 18. Juli 1877 wurde die Kyffhäuserkameradschaft Hollenstedt gegründet. Aufgrund der Kriege wurde der Verein 1952 wiedergegründet. 2012 wurde das Vereinsleben wegen Mitgliederschwund eingestellt.
1901 gründete sich der Sportverein, der erste Sportplatz befand sich im Bereich des Mühlengrabens, 1951 wurde dieser an der heutigen Stelle gebaut und mit der 50-Jahr-Feier eingeweiht. 1976 wurde das Sporthaus gebaut und 32 Jahre später der Anbau, der heute für Gymnastik und gesellschaftliche Veranstaltungen genutzt wird. Eine seit Jahrzehnten gewünschte Sporthalle konnte bis heute nicht verwirklicht werden.
Am 25.04.1934 wurde die Feuerwehr gegründet, Ende 1964 gab es das erste Löschfahrzeug und im Mai 1966 wurde das Gerätehaus eingeweiht. Heute, 57 Jahre später, müssen sich die Ortschaften Hollenstedt und Stöckheim zusammentun, um gemeinsam etwas Größeres zu schaffen.
So wie 1981 die Gründung des Angelsportvereins, gemeinsam mit Hollenstedt und Stöckheim wurde die Befischung größerer Flussabschnitte von Rhume und Leine genutzt. Mit dem Vogel- und Naturschutzgebiet sind jedoch mehr als die Hälfte ihrer Angelrechte verloren gegangen.
1992 haben sich beide Dörfer wiederum mit der Gründung des Kindergarten-Fördervereins zusammengefunden und den gemeinsamen Bau mit der Stadt Northeim eines Kindergartens im Jahr 1998 verwirklicht.
Der Karneval wurde in den 1950er bis Mitte der 1960er am Rosenmontag gefeiert. Große Umzüge, die sogar Höckeln übertrafen, zogen Menschen aus nah und fern an. Mitte der 60er bis Ende der 70er Jahre wurde es ruhig um den Karneval. Doch dann wurde er wieder wachgeküsst, mit Pauken und Trompeten. 2002 gründete sich ein eingetragener Verein, der bis heute mit Erfolg sein närrisches Treiben bis weit über die Grenzen von Hollenstedt zeigt.
Im Jahr 2010 hat sich der Junggesellenverein gegründet, die für ihre traditionellen Fußballturniere bekannt sind.
Durch die schnelle Entwicklung hat sich vieles verändert. Von den über 25 landwirtschaftlichen Betrieben, gibt es heute nur noch 4 Haupterwerbsbetriebe, wovon zwei Nutztierhaltungen haben. Gastwirtschaften und Lebensmittelgeschäfte gibt es keine mehr, in den letzten Jahren haben sich drei Hofläden mit Erfolg entwickelt. Handwerksbetriebe wie Maurer und Tischler sind weiterhin im Ort tätig.
Ein liebenswertes Dorf, wo es sich lohnt zu leben. Möge die Entwicklung des Dorfes und die Traditionen im Vereinsleben weiterhin in der Zukunft bestehen.
Fotos: Oliver Seeger (Ortsheimatpflege)