Northeim (lpd). Landrätin-Astrid Klinkert-Kittel hat Vorschläge zur Verbesserung der Situation der Hebammen im Landkreis Northeim erarbeitet. Insgesamt fünf Module sollen dazu beitragen, einerseits neue Hebammen zu gewinnen und andererseits die Fachkräfte, die bereits im Landkreis arbeiten, zu sichern. Am Freitag werden die Vorschläge der Landrätin auf Antrag der SPD-Fraktion und der Gruppe FDP/GfE Thema in der Kreistagssitzung sein. Diese ist wie immer öffentlich und findet im Forum der Berufsbildenden Schulen Einbeck (Haus 5) statt. Beginn ist um 15 Uhr.
Seit einigen Jahren gibt es bundesweit eine besorgniserregende Entwicklung, die sich auch in der Region abbildet: Von 39 gemeldeten Hebammen bzw. Entwicklungspflegern, die noch im Jahr 2009 im Landkreis tätig waren, hat sich die Zahl bis heute auf nur noch 27 Fachkräften reduziert. Die Anzahl der Geburten ist jedoch stabil geblieben. Eine Trendwende ist nicht zu erkennen, im Gegenteil: Nach Aussage von Ingrid Lohmann, Vorsitzende des Deutschen Hebammenverbandes Kreisverband Northeim, werden mehrere Hebammen in absehbarer Zeit ihre Tätigkeit altersbedingt aufgeben. „Eine nicht unerhebliche Zahl von Wöchnerinnen wird dann keine Hebammenversorgung mehr erhalten können“, befürchtet Landrätin Astrid-Klinkert. Eine Abfrage bei 24 Hebammen im Landkreis hat ergeben, dass schon jetzt monatlich etwa 70 Frauen wegen mangelnder Kapazitäten abgelehnt werden müssen. „Von daher blicke ich mit großer Sorge auf die weitere Entwicklung bei unseren Hebammen. Nicht nur als Landrätin, sondern auch als Mutter von mittlerweile zwei erwachsenen Kindern liegt mir dieses Thema besonders am Herzen“, sagt Astrid Klinkert-Kittel. „Ich möchte, dass wir als Landkreis ein deutliches Zeichen setzen, um diese Situation zu verbessern, und mit einem guten Beispiel vorangehen.“
Die Module im Überblick:
- Zuschuss für die Ansiedelung neuer Fachkräfte im Landkreis: Das Berufsbild soll durch die Akademisierung fachlich aufgewertet werden. Wichtig ist dabei, dass damit auch eine finanzielle Aufwertung bei der Vergütung einhergeht. Um einen weiteren Anreiz zu geben, sich als freiberufliche Fachkraft im Landkreis Northeim neu niederzulassen, sollte ein einmaliger Zuschuss in Höhe von bis zu 3000 Euro gewährt werden. Darüber hinaus steht auch die Kreisverwaltung mit ihren Beratungsmöglichkeiten bzw. Netzwerken bei Existenzgründungen unterstützend zur Verfügung.
- Mentoring-Programm für Berufsanfängerinnen/Wiedereinsteigerinnen: Hebammen sind im Arbeitsalltag weitgehend auf sich allein gestellt. Dies führt bei auftretenden Fragen und Problemen oft zu einer Verunsicherung. Vor einer ähnlichen Situation stehen auch Fachkräfte, die ihre Tätigkeit (z. B. nach einer Kindererziehungsphase) wieder aufnehmen wollen. Berufserfahrene Hebammen könnten hier in Form eines Mentoring-Programms eine wertvolle Unterstützung leisten. Durch einen finanziellen Anreiz sollen berufserfahrene Hebammen dazu motiviert werden, andere Fachkräfte mindestens sechs Monate lang zu unterstützen.
- Zuschüsse für die Betreuung im Wochenbett: Ergänzend zu den Leistungen, die Hebammen mit Kostenträgern für die Betreuung von Frauen im Wochenbett abrechnen können, sollte ihnen ein Zuschuss von 20 Euro für jede Mutter mit Erstwohnsitz im Landkreis Northeim, die mit mindestens drei Hausbesuchen am Wochenbett betreut worden ist, gewährt werden.
- Förderung der beruflichen Fortbildung: Wie andere medizinische Berufe sind auch Hebammen verpflichtet, an Fortbildungen teilnehmen. Diese sind oft zeitaufwändig und kostenintensiv. Der Landkreis Northeim sollte Fortbildungen, die die Fachkräfte zur Qualitätssicherung leisten müssen, jährlich anteilig bis zu 300 Euro mitfinanzieren. Um den organisatorischen Aufwand zu minimieren, sollten derartige Fortbildungen auch im Landkreis Northeim bzw. im südniedersächsischen Raum angeboten werden.
- Digitale Unterstützung: Der Landkreis Northeim sollte die Hebammen im ländlichen Raum durch den Einsatz von digitalen Techniken entlasten. Dies soll durch vier Bausteine umgesetzt werden: Zum einen mit einer App mit Informationen für Schwangere. Da sich die Gesundheitsregion bereits erfolgreich um Landesmittel beworben hat, kann die Umsetzung in absehbarer Zeit in Auftrag gegeben werden. Zudem soll es eine App für Hebammen geben, um die Kommunikation mit den betreuten Frauen zu verbessern. Über eine dezentrale Hebammenzentrale sollen darüber hinaus Anfragen von Frauen mit dem Angebot der Hebammen vor Ort koordiniert werden. Zu guter Letzt sollen allgemeine Planungsprozesse über ein Reporting gesteuert werden. Dieses Modul soll mit Unterstützung der Gesundheitsregion Südniedersachsen e. V. im Verbund mit Stadt und Landkreis Göttingen umgesetzt werden.
„Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir hierüber einen Teil dazu beitragen können, um die Versorgungsituation zu optimieren und die Hebammen zu entlasten“, sagt Landrätin Astrid Klinkert-Kittel.
Foto: Symbolbild