Northeim (red). „Das war ein sehr gutes Gespräch auf Augenhöhe. Beide Seiten, ich in meiner Position als SPD-Bundestagskandidat, sowie Herr Göksu und seine Mitglieder der türkischen Gemeinde in Northeim, haben deutlich gemacht, wie wichtig der persönliche Austausch miteinander ist“, erklärt Marcus Seidel im Anschluss an das fast zweistündige Gespräch beim Besuch der Ditib-Gemeinde in Northeim.
Die Themen dieser Unterredung waren vielfältig, da die Gesprächspartner großes Interesse an Gedanken, Meinungen und Ideen des anderen hatten: der Bundestagswahlkampf sowie der Wahlkreis an sich und seine Besonderheiten interessierten die Vertreter der Ditib. Doch schnell wurden der Glaube und seine aktuelle Wahrnehmung sowie der Extremismus zum bestimmenden Thema. So erfuhr Marcus Seidel, dass die türkischen Mitbürger, die zum Teil schon in der dritten Generation in Northeim und Umgebung leben, sich nicht mehr so angekommen fühlen wie vor dem Eklat mit Erdogan. „Wir haben unsere Aktivitäten in der Öffentlichkeit zurückgefahren“, erklären die Vorstandsmitglieder. Das bedauert Marcus Seidel sehr, da er aus seiner Erfahrung als Mitbegründer der Initiative „Einbeck ist bunt“ heraus gerade dann aufgezeigt werden muss, was in der Gesellschaft schief läuft. „Der Dialog darf nicht aufhören. Dass ist das Schlimmste, was passieren kann“, so Marcus Seidel.
Vorsitzender Mustafa Göksu ist tief betroffen, wenn die Ditib mit Erdogan verglichen wird. „Erdogan ist unser Präsident. Die Ditib gab es aber schon vorher und sie wird es nach ihm geben“, so Göksu und unterstreicht, dass die 130 Mitglieder zählende Ditib-Gemeinde Mitglied im „Northeimer Bündnis gegen Rechtsextremismus“, beim „Runder Tisch Integration“ und im „Präventionsrat der Stadt Northeim“ ist. Marcus Seidel versteht die Betroffenheit nur zu gut: „Hier wird nicht unterschieden genauso wenig wie zwischen Islam und Islamismus unterschieden wird. Das macht die Diskussion so schwierig.“ Seidel regt an, dass mehr Verständnis erreicht werden könne, wenn die Ausbildung der Imame in Deutschland erfolgen würde. „Menschen, die hier leben, muss das Recht eingestanden werden, ihre Religionsfreiheit auszuleben“, fordert Seidel.
Weitere wichtige Gesprächsinhalte waren der Religions- bzw. Islamunterricht an Schulen sowie die doppelte Staatsbürgerschaft. „Es ist überholt und ärgerlich, dass manche meinen, dass Staatsbürgerschaft etwas mit Blut zu tun hat. Ultrakonservative drehen Dinge zurück, von denen wir glaubten, dass sie längst überstanden waren. Diesen Kräften gilt es, entgegenzutreten, damit unsere türkischen Bürgerinnen und Bürger wieder harmonisch und gerne in Deutschland und hier in der Region leben“, setzt Marcus Seidel auf die Vernunft der Menschen in der Region.
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